Der beste Preis ist nicht immer der niedriegste – Gastwirt

Kein anderer Hebel beeinflusst die Profitabilität eines Hotels so stark wie das Pricing. Die Bedeutung der Preispolitik hat in der letzten Zeit enorm zugenommen, die Gründe dafür waren die Mehrwertsteuererhöhung, der Fall der Ratenparität und gewaltige Kapazitätserhöhungen. Fazit: Die Branche steht in der Preisfrage vor großen Herausforderungen. Das Wellness- & Ayurvedahotel Paierl in Bad Waltersdorf hat das erkannt und gemeinsam mit der Prodinger Tourismusheratung ein zukunftsträchtiges Preiskonzept entwickelt. Nachmachen erlaubt!

Theoretisch ist alles ganz einfach: Der eine hat ein Zimmer, der andere sucht ein Zimmer, und wenn sie sich finden, wird eine Buchung daraus. Der Punkt, an dem sie sich treffen, ist der Preis bzw. die „roomrate“, also der Preis für eine Übernachtung. Das Problem dabei: Vor ein paar Jahren drückte der „Preis“ noch den „Wert“ der Dienstleistung „Du darfst bei-mir-über-nachten“ aus. Heute wird der Preis oft abgekoppelt vom Wert betrachtet. In
Gang gebracht wurde diese Entwicklung von den Buchungsplattformen und solange die rasant weiterwachsen, werden wir weiter Leistung über Preis definieren – und darunter leiden. Die gute Nachricht: Der Teufelskreis lässt
sich auflösen.

Handlungsbedarf erkannt – Der richtige Preis zur richtigen Zeit

Erwin Paierl, Inhaber und Geschäftsführer des Wellness- & Ayurvedahotels Paierl und seine Stellvertreterin Sieglinde Raser haben irgendwann beschlossen, aus dem Kreis der Dulder und Jammerer auszubrechen und zu versuchen, sich im Zuge ihrer thematischen Neupositionierung auch mit einer innovativen Preisstrategie am Markt zu behaupten.Diese Entscheidung in die Praxis umzusetzen, sei nicht ganz so einfach gewesen, wie sie sich das vorgestellt hätten, gibt der Hotelier zu: „Wir hatten uns schon länger Gedanken gemacht, uns neu zu positionieren und uns war klar, dass wir unser ayurvedisches Angebot noch weiter ausbauen und diese Kompetenz auch kommunizieren wollten. Nur bei der Preisfrage sind wir intern nicht weitergekommen. „Welche Preisstrategie würde zum neuen Konzept passen? Als die Diskussionen beginnen, sich im Kreis zu drehen, holt man sich externe Hilfe – und tatsächlich: „Marco Riederer von der Prodinger Tourismusberatung hat uns gleich im Erstgespräch überzeugt, dass wir mit einer dynamischen Preisgestaltung die größte Aussicht auf Erfolg hätten.“ so Paierl.

Analyse, Empfehlung und Optimierung

Sechsundsechzig Zimmer in sieben verschiedenen Kategorien, ein Extra Appartement. „Als erstes haben wir einmal die vorhandenen Markt- und Reservierungsdaten aufgearbeitet, um eine Grundlage für die künftige Preisgestaltung zu erhalten.“ erklärt Marco Riederer. Dabei diente der jeweils niedrigste Zimmerpreis als Basis für die neuen Verkaufspreise. „Wir haben die gesamte Preisstruktur darauf aufgebaut.“ so der Berater. Vergleiche mit Preisen der Mitbewerber halfen, bei der Preisgestaltung realistisch zu bleiben. „In einem zweiten Schritt haben wir uns dann die Erlöse angesehen.“ erzählt Riederer. Wie hatten sich die im Laufe eines Jahres auf die verschiedenen Betriebsbereiche aufgeteilt?

Dann wurde die Belegung übers Jahr analysiert: Welche Zimmerkategorien waren wann wie gut gebucht und zu welchem Preis? Für ihn sei die Erkenntnis, diese Zahlen zwar gekannt, aber nie richtig interpretiert zu haben, richtig erschreckend gewesen, gibt Erwin Paierl heute zu: „Ich hab´ immer gedacht, ich kenn´ meinen Betrieb in und auswendig…“Die Erkenntnis aus der Belegungsstatistik war jedenfalls eindeutig: „Wir müssen nicht nur die Preislisten optimieren, wir müssen unsere Preise vor allem flexibler gestalten.“ Erwin Paierl: „Ich wollte immer ,Ordnung´ in meinen Preisen, man sollte sich auskennen. Aber am Schluss waren sie so starr, dass wir uns nicht mehr bewegen konnten.“ Also willigte der Hotelier ein, die Preise etwas zu lockern und auslastungsabhängige Preiskategorien einzuführen. Gerne befolgte er Riederers Rat, besonders günstige Preise mit gewissen Restriktionen zu verbinden. „Ab“-Preise erlauben eineauslastungsabhängigePreissteuerungFür eine ganz wichtige Entscheidung hält Sieglinde Raser, in der offiziellen Preisliste nur noch „Ab-Preise“ anzugeben. „Damit können wir jetzt auslastungsabhängig auf die Nachfrage reagieren, ohne unsere hart erarbeitete Preisstruktur zu konterkarieren und vor allem, ohne unglaubwürdig zu werden!“ freut sich Raser.

Endlich sei es auch möglich, in Perioden mit starker Nachfrage mehr Ertrag aus den Zimmern herauszuholen. „Das macht im Verkauf so viel mehr Spaß, das hätte ich nie gedacht!“ Gleichzeitig mit der Umstellung auf die neue Preisstrategie wurde auf der hoteleigenen Website die Integration einer Buchungsmöglichkeit geplant (und nun auch bald umgesetzt,Anm.d.R.) – „Wenn sich ein Betrieb ernsthaft um den digitalen Direktvertrieb bemühen will, muss er auch direkt buchbar sein, da führt heute kein Weg mehr dran vorbei!“ betont Marco Riederer nachdrücklich.

Einbeziehung des Teams

Das heiße allerdings keinesfalls, dass der persönliche Kontakt zum Kunden – zum Gast – reduziert würde, und vielleicht das Hotelteam durch die digitale Unterstützung an Bedeutung verliere -im Gegenteil! „Mir war wichtig, dass wir unser Team in alle Entscheidungen einbeziehen – die Internetbuchungen werden mehr, das stimmt, aber wir telefonieren mit allen Kunden und der Großteil der Buchungen erfolgt nach wie vor am Telefon,“ so Sieglinde Raser. Sie freue sich aber, dass es scheinbar gelungen sei, eine stimmige Preisstrategie zu finden, die nicht nur mehr Umsatz bringt, sondern auch für freundliche Gesichter im Verkaufsteam sorgt. „Wenn das Gefühl entsteht, ich konnte dem Kunden helfen und ihn gut beraten, weil ich den passenden Preis für ihn habe, ist das doch sehr positiv!“ findet auch Erwin Paierl.

Genau diese Botschaft möchte Marco Biederer in seinen Beratungen vermitteln: „Es gibt für jeden Kunden den richtigen Preis, den Preis, der ihn glücklich macht.“ Das müsse nicht zwingend der günstigste sein. „Wenn ein Paar zu seinem Hochzeitstag ein romantisches Wochenende verbringen möchte, dann zählen der Termin und die kleinen Extras viel mehr, als das Schnäppchen!“ lacht er und fügt hinzu: „An den Maiwochenenden werde ich möglicherweise eine große Nachfrage nach Romantikzimmern haben – mit dem flexiblen Pricing kann ich mich darauf einstellen und alle haben etwas davon!“ Diese Szenarien durchzuspielen, diese Geschichten auch nach außen zu kommunizieren und damit die notwendige Nachfrage zu schaffen, das ist eine Daueraufgabe für das gesamte Unternehmen, gibt Riederer zu. „Aber wer den Prozess beherrscht, bewegt den stärksten aller Hebel. Denn er schafft Werte zum angemessenen Preis. Und das nützt Gästen wie Unternehmen“.

Einige der strategischen Überlegungen im Wellness-und Ayurvedahotel Paierl:

  • Wert und Qualität in den Vordergrund stellen
  • Einführung von dynamische(re)n Preisen
  • Preise mit vordefinierten Auslastungsgrenzen an die Nachfrage anpassen
  • Dadurch erübrigt sich eine klassische Preisliste, denn es gibt keine fixen Preise mehr
  • Frühbucher-Bonus: Potenzielle Gäste sollen sich durch vergünstigte, aber mit strengen Restriktionen versehene Angebote bis zu einem festgelegten Termin entscheiden, ob sie das Angebot annehmen möchten. Je früher der Gast im Hotel bucht, desto mehr Planungssicherheit besteht.
  • Optimierung des Longstay-Bonus
  • Überprüfung der Handhabung von Optionen
  • Einführung einer direkten Buchbarkeit auf der hoteleigenen Website
  • Erarbeitung eines individuellen Leitfadens für die Rezeption
  • „Einschwören“ des Rezeptions-Teams auf die neue Preis- und Verkaufsstrategie

 

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